Arbeitgeber in Deutschland sind dazu verpflichtet, dass die Standards für einen ergonomischen Arbeitsplatz eingehalten werden. Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) ist genau geregelt, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend machen kann.
Zwar gibt es dort nicht nur Vorgaben für die körperliche Gesundheit, sondern auch die mentale, jedoch ist die Umsetzung dieser nicht alleweil leicht. Es ist nicht immer einfach und oft reine Ermessenssache festzustellen, wann die Arbeit psychisch krank macht und inwiefern der Arbeitgeber dafür verantwortlich gemacht werden kann.
Die psychische Belastung am Arbeitsplatz nimmt zu
Laut der Krankenkasse DAK haben sich 2020 Krankschreibungen wegen seelischer Krankheiten mehr als verdreifacht. Und die Tendenz ist nach wie vor steigend. Besonders betroffen sind dabei Frauen.
Die häufigsten Gründe für eine psychische Störung am Arbeitsplatz sind:
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Zeitdruck
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Leistungsdruck
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Ein zu hohes Arbeitspensum
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Ein zu niedriges Arbeitspensum
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Zu eintönige Arbeit
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Zu hohe Verantwortung
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Zu wenig Entscheidungskraft
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Geringe Anerkennung
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Hohe Konkurrenz im Unternehmen
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Laute oder ablenkende Arbeitsumgebung
Diese Faktoren werden fast ausschließlich vom Arbeitgeber geschaffen – sei es bewusst oder unbewusst. Die Konsequenz sind unzufriedene Mitarbeiter, die unproduktiv sind oder gar krank werden. Letztlich kostet dies den Unternehmen mehr Geld, als in eine ansprechende Arbeitsumgebung zu investieren.
Häufige psychologische Erkrankungen am Arbeitsplatz
Fast jeder zweite Arbeitnehmer leidet inzwischen an seelischen Störungen, die durch die Arbeit hervorgerufen werden. Diese sind in der Regel:
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Depressionen
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Angstzustände
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Belastungsstörungen
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Burnout
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Boreout
Während zu viel Stress und ein damit verbundenes Burnout heutzutage durchaus akzeptiert wird, wird das gegenteilige Phänomen des Boreouts meist belächelt und nicht ernst genommen. Dabei kann zu eintönige Arbeit oder gar zu wenige Aufgaben zu den gleichen psychischen Erkrankungen führen wie Stress.
Mitarbeiter, die zu eintönige Arbeiten ausführen müssen oder zu wenig zu tun haben, sind unproduktiv und demotiviert. Sie fühlen sich nicht gebraucht und leiden unter Verlustängsten, Selbstzweifel und Depressionen.
Besonders Mitarbeiter in Großraumbüros, die obendrein nur wenig ansprechend eingerichtet sind, fühlen sich demotiviert, können sich schlechter konzentrieren und werden damit unproduktiver. Auch ein ergonomisch eingerichteter Arbeitsplatz mit rückenschonenden Stühlen, höhenverstellbaren Schreibtischen und augenschonenden Bildschirmen wird dies nicht ändern können.
Wie Unternehmen psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz vorbeugen können
Arbeitgeber können diesem traurigen Trend durchaus entgegenwirken, indem sie eine ansprechende Arbeitsumgebung schaffen. Dabei sollte verstärkt auf die folgenden Punkte geachtet werden:
1.Privatsphäre ermöglichen
Besonders Mitarbeiter in einem Großraumbüro leiden oft unter seelischem Stress. Einer der Gründe ist die mangelnde Privatsphäre. Besonders wenn der Chef seine Mitarbeiter jederzeit im Blick hat, stellt es eine Herausforderung dar, einfach nur Mensch zu sein.
Man möchte – und sollte unbedingt – regelmäßig eine Pause einlegen, um sich zu entspannen, bewegen oder zu fokussieren. Es muss möglich sein, ein zeitlich begrenztes privates Telefonat zu führen, ohne dass die Kollegen oder gar der Vorgesetzte den Inhalt davon mitbekommen. Wer sich im Großraumbüro besonders konzentrieren muss, wird ständig abgelenkt, sodass die Produktivität darunter leidet.
Der Arbeitgeber sollte idealerweise für Rückzugsorte sorgen, in denen ungestört und unbeobachtet telefoniert werden und in denen man sich voll und ganz auf die Arbeit ohne Ablenkung konzentrieren kann. Besprechungsräume für kleinere Gruppen sorgen zudem dafür, dass auch andere nicht gestört werden und fördern zugleich die interne Kommunikation.
Idealerweise sollte in diesen Rückzugsorten ebenso die Möglichkeit geschaffen werden, sich zu entspannen oder zu bewegen, wie zum Beispiel mit einem Tischfahrrad.
2. Flexibilität und Individualität unterstützen
Wir sind weder körperlich noch mental dafür ausgerüstet, stundenlang starr an einem Platz eingepfercht zu werden.
Auch was die Arbeitszeit betrifft, ist nicht jeder gleich. Während viele morgens am produktivsten sind, gibt es dennoch einige, die lieber später ins Büro gehen und dafür länger bleiben. Das 9-5 Modell hat schon seit einiger Zeit ausgedient, doch es sitzt besonders in deutschen Büros leider noch sehr fest.
Lässt es die Tätigkeit zu, sollten flexiblere Arbeitszeiten ermöglicht werden. Untersuchungen haben ergeben, dass diese Flexibilität der Arbeitnehmer die Zufriedenheit und Produktivität enorm erhöhte.
Bieten Sie als Unternehmen Ihren Angestellten Möglichkeiten, sich während der Arbeit mehr zu bewegen oder sich abseits des Schreibtisches zu entspannen. Sei es auf Deskbikes, alternative Sitzmöglichkeiten, Arbeitsplätze an der Frischluft, Ruhe- und Kreativräume oder sogar Spielräume.
3. Unternehmen müssen Sicherheit vermitteln
Der Arbeitsplatz muss für jeden Mitarbeiter ein Ort sein, an dem er sich sicher fühlen kann. Dies bedeutet, dass eventuelle Anfeindungen oder Mobbing von den Führungspositionen sofort unterbunden werden. Um dies tun zu können, muss eine Arbeitsumgebung geschaffen werden, in der Arbeitnehmer jederzeit das Gefühl haben, seine Probleme zu adressieren.
4. Gleiche Behandlung für jeden
Der Azubi sitzt in der Abstellkammer oder am Schreibtisch direkt neben der Toilette, der Chef thront in seinem Einzelbüro und der Seniorverkäufer kann sich niederlassen, wo er möchte. Mit dieser Hierarchie innerhalb eines Unternehmens schaffen Sie Neid, Unzufriedenheit und Selbstzweifel.
Jeder Mitarbeiter im Betrieb ist wichtig und ein Mensch, somit sollte jeder gleich behandelt werden. Auch der Azubi hat ein Anrecht auf einen ruhigeren Platz. Um Unstimmigkeiten bezüglich der einzelnen Büros oder Sitzplätze zu vermeiden, eignen sich besonders gut flexible Arbeitsplätze.
Sei es, dass täglich gewechselt wird oder nach dem Motto „first come, first serve“. Alternativ sollte jedem die Möglichkeit gegeben werden, an gewissen Tagen im Homeoffice zu arbeiten, nicht nur bestimmten Personen.
5. Das Büro – ein Ort zum Wohlfühlen
Damit Mitarbeiter gerne ins Büro kommen, müssen Unternehmen auch etwas dafür tun. In einem kahlen, sterilen Büro wird sich niemand wohlfühlen. Neben ergonomischen Möbeln und alternativen Arbeitsplatzmöglichkeiten tragen weitere Faktoren im Bürodesign zum Wohlfühlfaktor bei:
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Ausreichende und warme Beleuchtung mit viel natürlichem Licht
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Warme und beruhigende Farben
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Pflanzen und Grünflächen
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Bewegungsmöglichkeiten
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Rückzugsorte
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Gesundes und angenehmes Raumklima
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Kreativräume
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Entspannungsmöglichkeiten
Werden all diese Faktoren berücksichtigt, sind Mitarbeiter sehr viel motivierter und produktiver. Sie schlafen besser, sind kreativer und die allgemeine Stimmung im Büro ist freundlich und angenehm. Körperlich und mental gesunde Arbeitnehmer lassen sich zudem weniger krankschreiben.